Die Kander
44-47 km lang (je nach Quelle), 1126 km2 Einzugsgebiet, 42,6 m3/s mittlere Wassermenge. Das sind die Eckdaten der Kander.
Sie ist das hauptsächliche Gewässer in unserem Tal und gibt diesem auch gleich den Namen. Der grösste Wildbach der Schweiz entspringt auf rund 2'300 m.ü.M. im Kanderfirn. Talabwärts mündet er in Einigen auf 550 m.ü.M. in den Thunersee. Dazwischen liegen 44 meist spektakuläre Kilometer, auf welchen sich die Kander nach dem alpinen Gasterntal zuerst auf die Ebene von Kandersteg hinunterstürzt. Danach folgen das Kandertal bis Frutigen und das Frutigtal mit Reichenbach und Emdthal. Wimmis, Reutigen und Einigen sind die letzen Stationen vor dem Delta im Thunersee.
Unterwegs erhält die Kander Unterstützung von 28 Bächen und der Simme, welche punkto Länge, Einzugsgebiet und Wassermenge etwa ähnliche Werte wie die Kander aufweist. Die wichtigsten 'Verstärker' sind (in der Reihenfolge des Zuflusses): Alpbach, Öschibach, Engstlige, Chiene, Suld und Simme.
Ich habe den Weg der Kander fotografisch festgehalten und in die wichtigsten Phasen 'portioniert'. Die erste Reise des Wassers - von der Quelle bis auf die Ebene im Gasterntal - werde ich erst im 2021 dokumentieren. Jeder Abschnitt enthält Bilder und weitere spezifische Informationen.
Zum Zeitpunkt der meisten Aufnahmen führte die Kander eine deutlich unterdurchschnittliche Wassermenge. Das sieht nicht so spektakulär aus, dafür kommt das Flussbett besser zur Geltung. Bei den Aufnahmen im Gasterntal und Kandersteg war die Wassermenge leicht überdurchschnittlich.
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Gasterntal
Das wildromantische Gasterntal ist aus meiner Sicht der schönste Abschnitt auf dem Weg von der Quelle zum Thunersee. Tosende Wasserfälle stürzen auf die Talebene (6, 7, 8), welche von der frei mäandernden Kander durchflossen wird . Die alpine Vegetation wird immer wieder durch Unwetter und Lawinen in die Schranken gewiesen. Was hier wächst, ist extrem resistent. Am Ende des Tales donnert die Kander durch die Klus in Richtung Kandersteg. Ein Naturschauspiel der Extraklasse (14 bis 20).
Kandertal - Kandersteg bis Frutigen
Nach der Querung der Ebene bei Kandersteg (1 bis 5) stürzt sich die Kander weiter ins Kandertal hinunter (6). Hier wird klar, dass es sich um einen Wildbach handelt. Grosse Felsblöcke, die sich ihr in den Weg stellen, werden tosend umflossen (7 bis 12). Weiter unten wird es wiederum gemächlicher - man kann ja schliesslich nicht mit dieser Wucht auf Frutigen zuschiessen. Unterwegs heissen die Zwischenstationen Blausee (13), Kandergrund (16, 17) mit dem Kraftwerk (15), Kanderbrügg (18, 19) und Frutigen (20), das am östlichen Rand touchiert wird. Etwa im Bereich zwischen Kandergrund und Frutigen hat das Kanderwasser die Hälfte der Strecke zurückgelegt und damit auch das halbe Leben hinter sich gebracht.
Internationaler Vergleich
Im internationalen Vergleich ist die Kander ein kleiner Player. Der Amazonas hat eine Länge von knapp 7'000 km und führt durchschnittlich 206'000 m³/s Wasser. Das sind rund 4'800 Mal mehr als die Kander.
Kandertal - Frutigen bis Wimmis
Dieser Teil ist gekennzeichnet durch etliche kanalisierte Kilometer und zahlreiche Schwellen (4). Nach dem grossen Hochwasser von 2005 wurde der Kander an verschiedenen Stellen mehr Raum gegeben wie in Wengi-Ey (5, 6), Mülenen (9) und Augand. Dies mit dem Zweck, die Wucht des Wassers immer wieder zu verringern und Platz für Geschiebe und Holz zu schaffen. Einige der Schwellen wurden entfernt und durch Rampen aus Steinblöcken ersetzt (3). Dies auf Initiative der Fischereilobby, welche gerne die Seeforelle (wieder) die Kander hochschwimmen sähe. Allerdings tat diese das früher gar nicht, da die Kander vormals gar nicht im Thunersee sondern weiter unten in die Aare mündete. Dazu mehr weiter unten. Kurz nach Frutigen schliesst sich die Engstlige der Kander an (2). Etwas weiter unten kommen die Chiene (7) und die Suld (8) dazu. Nach Mülenen ist die Baustelle für das neue BKW Kraftwerk zu sehen (10).
Hochwasser
Im August 2005 führte die Kander mit 270 m3/s die höchste seit Messbeginn gemessene Wassermenge (Messstation Hondrich). Siehe dazu Bilder weiter unten.
Wimmis - Durchstich Einigen
Nach Wimmis sind es nur noch ein paar Kilometer bis zum Thunersee. Die Kander versteckt sich bis zum Durchstich in Einigen vor dem Betrachter. Glücklicherweise führt eine Velobrücke an einer spektakularen Stelle über den Fluss (1, 2, 3).Der Ausblick ist sowohl talaufwärts wie -abwärts grandios. An vielen Stellen muss man sich zu Fuss auf Erkundung machen. Das Highlight in diesem Bereich dürfte der Zusammenfluss mit der Simme sein (4 - 7). Bei hohem Wasserstand dürfte das ein eindrückliches Schauspiel sein. Aus dem einstigen Wildbach ist spätestens hier ein Fluss geworden. Die Steine im Bett sind jetzt rund und nicht mehr kantig. Ist die Kander allmählich erwachsen geworden? Kurz vor Einigen biegt der Fluss scharf rechts ab um den Durchstich durch die Strättligmöräne in Angriff zu nehmen (8).
Fliessdauer
Angenommen die Kander fliesst - bedingt durch die grosse Höhendifferenz zwischen Quelle und Mündung - mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h talwärts, so dauert es für das Kanderwasser gerademal 9 Stunden um von der Quelle bis zur Mündung zu gelangen. Die Kander hat es also eilig.
Durchstich Einigen - Delta
Die Reise nähert sich ihrem Ende. Noch einmal zeigt sich die Kander von der schönsten Seite. Richtig eindrücklich wird es, wenn der Wanderweg und die Fussbrücke (4) zwischen Hani und Einigen unter die Füsse genommen werden (1 - 7). Wie beim Grand Canyon sieht sich der Betrachter unverhofft mit einer eindrücklichen Schlucht konfrontiert. An dieser Stelle erfolgte vor gut 300 Jahren die Umleitung der Kander in Richtung See. Häufige Überschwemmungen im Bereich Allmendingen, Thierachern und Üetendorf liessen die bernischen Behörden 1711 zu drastischen Mitteln greifen. Unter der Führung von Samuel Bodmer, Schlossherr von Amsoldingen, wurde die Möräne durchbohrt und der Fluss umgeleitet. Seither wurde es unterhalb des Thunersees ruhiger, dafür begannen die Probleme mit dem Wasser in Thun. Aber das ist eine andere Geschichte...
Auf ihrem letzten Kilometer bis zum See (8) durchquert die Kander ihr eigenes Delta, das unterdessen eine Grösse von 1 km2 aufweist. Auf einem Trampelpfad durch das Naturschutzgebiet gelangt man bis zur Mündung (9 - 12). Unterwegs lohnt sich ein Blick nach links, wo eine kleine Bucht von schönen Bäumen umsäumt wird. Ist das noch die Schweiz oder bereits Kanada? (13 - 15). Schliesslich ergiesst sich die Kander in den Thunersee. Eine tolles Flussleben geht hier sehr harmonisch zu Ende (16).
Kanderart
Der letzte Block enthält Aufnahmen, die ich als 'Kanderart' zusammenfasse. Der Fluss hält auf der ganzen Strecke kleine Kunstwerke bereit. Man muss sie nur sehen und einrahmen.
Hochwasser
Obschon die Kander meist anständig unterwegs ist, kann sie durchaus auch wütend werden. Dann heisst es, ihr nicht zu nahe zu kommen.
2005 ereignete sich im gesamten nördlichen Alpengebit ein gewaltiges Unwetter, das die Pegel der Gewässer auf bis dahin unerreichte Höhen trieb. Die Kander führte mit 270 m3/s die grösste Wassermenge seit Messbeginn um 1900 (Im Jahresdurchschnitt beträgt diese 43 m3/s). Erdrutsche verschütteten riesige Flächen und Siedlungsgebiete und es gab Todesopfer. Das Geschiebe der Bäche und Flüsse sorgte an manchen Brücken für Rückstaus und damit weiteren Überschwemmungen.
2011, nur gerademal 6 Jahre später, floss die über die Ufer getretene Kander mitten durch den kurz vorher sanierten Mitholztunnel. Die Verwüstung war riesig und die Reparatur dauerte Monate. Die Zeitung Der Bund hat damals ausführlich darüber berichtet.